Koalitionspläne: Wichtiges für Arbeitgeber

Vorhaben im Sozialversicherungsrecht

Die aktuelle Grenze für Minijobs in Höhe von 450 EUR wurde im Jahr 2013 eingeführt und bislang nicht dynamisiert. Laut Plänen der Ampel-Koalition soll sich die Minijob-Grenze zukünftig an einer Wochenarbeitszeit von 10 Stunden zu Mindestlohnbedingungen orientieren und daher zunächst auf 520 EUR steigen (10 x 12 EUR x 13 Wochen : 3 Monate = 520 EUR).

Zudem sollen Hürden, die die Aufnahme einer sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung aktuell erschweren, reduziert werden. Dazu soll die Obergrenze des Übergangsbereichs für sog. Midijobs von aktuell 1.300 EUR auf 1.600 EUR ausgedehnt werden. Arbeitnehmer mit einem Verdienst im Übergangsbereich zahlen geringere Anteile an den Sozialversicherungsbeiträgen. Sie haben damit eine geminderte Abgabenlast, was solche Beschäftigungen attraktiver machen soll

Im Bereich der gesetzlichen Rentenversicherung sieht der Koalitionsvertrag unterschiedliche Maßnahmen vor:

  • In dieser Legislaturperiode soll der Beitragssatz zur Rentenversicherung nicht über 20 Prozent steigen. Es sind keine Rentenkürzungen und keine Anhebungen des gesetzlichen Renteneintrittsalters geplant.
  • Es soll sichergestellt werden, dass sich die Renten im Zuge der Coronakrise mit den Löhnen insgesamt im Gleichklang entwickeln.
  • Zur Finanzierung der gesetzlichen Rentenversicherung ist die Einführung einer teilweisen Kapitaldeckung geplant. Sie soll als dauerhafter Fonds von einer unabhängigen öffentlich-rechtlichen Stelle professionell verwaltet und global angelegt werden. Dazu ist geplant, der Deutschen Rentenversicherung in einem ersten Schritt im Jahr 2022 einen Kapitalstock von 10 Milliarden EUR zuzuführen.
  • Das sog. „Rentensplitting“ soll bekannter werden, u. a. indem die Deutsche Rentenversicherung die Versicherten künftig im Rahmen der jährlichen Renteninformation auf diese Möglichkeit hinweist. Zudem sollen auch unverheiratete Paare künftig das Rentensplitting nutzen können. Beim Rentensplitting gibt der Partner mit den höheren Rentenansprüchen einen Teil seiner Ansprüche an seinen Partner ab. Danach sind die während der Ehe oder der Partnerschaft erworbenen gesetzlichen Rentenansprüche gleich hoch.

Es soll geprüft werden, ob die soziale Pflegeversicherung um eine freiwillige, paritätisch finanzierte Vollversicherung ergänzt werden kann, die die Übernahme der vollständigen Pflegekosten umfassend absichert. Eine Expertenkommission erarbeitet bis 2023 konkrete Vorschläge, wie diese optionale Versicherung ausgestaltet werden kann.

Im Bereich der Pflegeleistungen soll die Kurzzeit- und Verhinderungspflege in einem Entlastungsbudget mit Nachweispflicht zusammengefasst werden, um die häusliche Pflege zu stärken und auch Familien von Kindern mit Behinderung einzubeziehen. Zudem soll das Pflegegeld ab 2022 regelhaft dynamisiert werden.

Das Aufstiegs-BAföG soll ausgebaut und mit dem Lebenschancen-BAföG ein neues Instrument für die selbstbestimmte Weiterbildung für alle auch jenseits von berufs- und abschlussbezogener Qualifikation geschaffen werden. Dazu wird eine einfache Möglichkeit zum Bildungssparen in einem Freiraumkonto eingeführt. Menschen mit geringem Einkommen sollen hierfür dann jährliche Zuschüsse erhalten.

Eine Bildungs-(teil)zeit soll Beschäftigten finanzielle Unterstützung für arbeitsmarktbezogene Weiterbildung bieten. Voraussetzung: eine Vereinbarung zwischen Arbeitgeber und Beschäftigtem. Die Bundesagentur für Arbeit prüft die Fördervoraussetzungen.

Ein neues, an das Kurzarbeitergeld angelehntes Qualifizierungsgeld soll Unternehmen im Strukturwandel ermöglichen, ihre Beschäftigten durch Qualifizierung im Betrieb zu halten und Fachkräfte zu sichern. Voraussetzung dafür sind Betriebsvereinbarungen. Gleichzeitig werden Anreize für Transformationstarifverträge gesetzt. Auch das Transfer-Kurzarbeitergeld soll ausgeweitet und die Instrumente des SGB III in Transfergesellschaften sollen weiterentwickelt werden.

Künftig soll die Vermittlung in Arbeit keinen Vorrang vor einer beruflichen Aus- und Weiterbildung haben, die die Beschäftigungschancen stärkt. Bei beruflicher Qualifizierung erhalten SGB II- und III-Leistungsberechtigte ein zusätzliches, monatliches Weiterbildungsgeld von 150 EUR. Nach einer Weiterbildung soll ein Anspruch auf mindestens drei Monate Arbeitslosengeld bestehen.

Der Koalitionsvertrag sieht einige Verbesserungen beim Elterngeld vor:

  • Das Basiselterngeld und der Höchstbetrag beim Elterngeld sollen dynamisiert werden.
  • Die Partnermonate beim Basis-Elterngeld sollen um einen Monat erweitert werden, entsprechend auch für Alleinerziehende.
  • Für Pflegeeltern soll ein Elterngeldanspruch eingeführt werden.
  • Eltern von Kindern, die vor der 37. Schwangerschaftswoche geboren werden, haben einen erweiterten Anspruch auf Elterngeld.

Zudem ist die Einführung einer zweiwöchigen, vergüteten Freistellung für den Partner oder die Partnerin nach der Geburt eines Kindes geplant. Die Kinderkrankentage sollen pro Kind und Elternteil auf 15 Tage und für Alleinerziehende auf 30 Tage erhöht und der elternzeitbedingte Kündigungsschutz um drei Monate nach Rückkehr in den Beruf ausgedehnt werden, um den Wiedereinstieg abzusichern.

Selbstständige, die gesetzlich krankenversichert sind, sollen entlastet werden, indem Beiträge zur gesetzlichen Krankenversicherung oberhalb der Minijob-Grenze nur noch strikt einkommensbezogen erhoben werden. Die bisherigen Mindestbemessungsgrundlagen sollen wegfallen.

Zudem soll für alle selbstständigen Existenzgründer, die keinem obligatorischen Alterssicherungssystem unterliegen, eine Pflicht zur Altersvorsorge mit Wahlfreiheit eingeführt werden. Geplant ist, dass Selbstständige in der gesetzlichen Rentenversicherung versichert sind, sofern sie nicht im Rahmen eines einfachen und unbürokratischen Abwahlverfahrens („Opt-Out“) ein privates Vorsorgeprodukt wählen. Dieses private Vorsorgeprodukt muss insolvenz- und pfändungssicher sein und zu einer Absicherung oberhalb des Grundsicherungsniveaus führen.