Gleicher Lohn ist keine Verhandlungssache

Eine Frau hat bei gleicher Tätigkeit und Qualifikation einen Anspruch auf gleiche Bezahlung wie ein männlicher Arbeitskollege. Das gilt auch dann, wenn der Arbeitgeber den Lohnunterschied mit einem besseren Verhandlungsgeschick des Mannes begründet. Das hat das Bundesarbeitsgericht (BAG) in einem Grundsatzurteil entschieden.

Dem Urteil lag die Klage einer Außendienstmitarbeiterin im Vertrieb zugrunde, die bei ihrer Einstellung anfangs ein Grundentgelt in Höhe von 3.500 EUR brutto erhielt. Im Vertrieb des Unternehmens waren zwei männliche Mitarbeiter beschäftigt, von denen einer nur zwei Monate vor der Klägerin eingestellt worden war. Auch ihm wurde anfangs ein Grundentgelt von 3.500 EUR brutto angeboten, was dieser jedoch ablehnte. Er verlangte ein Grundentgelt von 4.500 EUR, das der Arbeitgeber ihm gewährte. Als die Mitarbeiterin später von der unterschiedlichen Vergütung erfahren hatte, klagte sie auf Zahlung der Lohndifferenz, da sie fast zeitgleich eingestellt worden sei und die gleiche Arbeit verrichte wie ihr männlicher Kollege. Zudem verlangte sie eine Entschädigung nach dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG) in Höhe von 6.000 EUR, da der Arbeitgeber sie aufgrund ihres Geschlechts benachteiligt habe. Der Arbeitgeber berief sich auf den Grundsatz der Vertragsfreiheit und betonte das bessere Verhandlungsgeschick des Mannes.

Anders als in den Vorinstanzen bekam die Klägerin vor dem BAG recht. Nach Ansicht der Richter lag eine Diskriminierung der Frau aufgrund ihres Geschlechts vor, da sie bei gleicher Tätigkeit ein niedrigeres Grundentgelt bezogen habe als ihr männlicher Kollege. Die Vermutung einer Diskriminierung wegen des Geschlechts konnte der Arbeitgeber nicht mit dem Argument widerlegen, der Mann habe besser verhandelt.

BAG, Urteil vom 16. 2. 2023, 8 AZR 450/21