Praxistipp

Hinsichtlich der Sozialversicherung gilt der Steueraufschub gem. § 19a EStG nach neu aufgenommener Bestimmung (in § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SvEV – Sozialversicherungsentgeltverordnung) ausdrücklich nicht. Dies führt zu einer zeitlich unterschiedlichen Erfassung des geldwerten Vorteils von Vermögensbeteiligungen: hinsichtlich der Sozialversicherung im Hingabezeitpunkt bzw. hinsichtlich der Steuer im Veräußerungszeitpunkt.

Reform der Mitarbeiterkapitalbeteiligung

Besteuerungsaufschub für Vermögensbeteiligungen

Mit dem Inkrafttreten des Fondsstandortgesetzes im Sommer wurde für Arbeitnehmer von sog. Start-ups, Kleinstunternehmen sowie kleinen und mittleren Unternehmen eine neue Sondervorschrift in § 19a Einkommensteuergesetz (EStG) geschaffen. Werden einem Arbeitnehmer von seinem Arbeitgeber zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn Vermögensbeteiligungen unentgeltlich oder verbilligt übertragen, so muss der Vorteil (zunächst noch) nicht der Besteuerung als Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit unterworfen werden. Die Neuregelung ist anzuwenden auf Vermögensbeteiligungen, die nach dem 30. Juni 2021 übertragen werden.

Die vorläufige Nichtbesteuerung kann im Lohnsteuerabzugsverfahren nur mit Zustimmung des Arbeitnehmers angewendet werden. Eine Nachholung der vorläufigen Nichtbesteuerung im Rahmen der Veranlagung zur Einkommensteuer ist ausgeschlossen.

Anforderungen an das Unternehmen

Das Unternehmen, an dem sich der Arbeitnehmer beteiligt, darf im Zeitpunkt der Übertragung der Vermögensbeteiligung oder im vorangegangenen Jahr gewisse Schwellenwerte nicht überschreiten: maximal 250 Arbeitnehmer und einen Jahresumsatz von höchstens 50 Mio. Euro oder eine Jahresbilanzsumme von höchstens 43 Mio. Euro. Außerdem darf die Gründung des Unternehmens nicht mehr als zwölf Jahre zurückliegen. Steuerbegünstigte Beteiligungen für die Arbeitnehmer können z. B. sein: Aktien, Wandelschuldverschreibungen, Genossenschaftsanteile, GmbH-Anteile oder Genussrechte.

Zeitpunkt der Versteuerung

Die (spätere) Besteuerung als sonstiger Bezug erfolgt in dem Jahr, in dem

  • die Vermögensbeteiligung ganz oder teilweise entgeltlich (z. B. Verkauf) oder unentgeltlich (z. B. bei einer Einlage in ein Betriebsvermögen) übertragen wird,
  • seit der Übertragung der Vermögensbeteiligung zwölf Jahre vergangen sind oder
  • das Dienstverhältnis zum bisherigen Arbeitgeber beendet wird.

Beendet der Arbeitnehmer das Arbeitsverhältnis, setzt die Besteuerung der Einkünfte ein. Der Arbeitgeber könnte die Lohnsteuer dann aber auch übernehmen; dies gilt entsprechend für die Annexsteuern (Kirchensteuer und ggf. Solidaritätszuschlag). Dabei werden die übernommenen Steuerabzugsbeträge wiederum nicht wie ansonsten bei einer sog. Nettolohnvereinbarung als zusätzlicher geldwerter Vorteil angesehen. Diese Regelung soll einen zusätzlichen Anreiz für Kapitalbeteiligungen darstellen.

Wert der Vermögensbeteiligung

Die Anschaffungskosten der Vermögensbeteiligung werden mit dem sog. gemeinen Wert zum Zeitpunkt der Übertragung bewertet. Gemeiner Wert ist grundsätzlich der Preis, der im gewöhnlichen Geschäftsverkehr nach der Beschaffenheit des Wirtschaftsgutes bei einer Veräußerung zu erzielen wäre. Der zwar bewertete, aber noch nicht besteuerte gemeine Wert ist im Lohnkonto aufzuzeichnen.

Anrufungsauskunft beim Betriebsstättenfinanzamt

Das Betriebsstättenfinanzamt hat nach der Übertragung einer Vermögensbeteiligung im Rahmen einer Anrufungsauskunft (gem. § 42e EStG) den vom Arbeitgeber zunächst nicht besteuerten Vorteil zu bestätigen. Die Anrufungsauskunft ist kostenlos.